3 Mohren wird zu Maximilian´s 3 Mohren wird zu Maximilian´s

3 Mohren wird zu Maximilian´s

Über die Umbenennung des Hotels, Rassismus im Alltag und was das Ganze soll

Aktuell erleben wir einen großen Umbruch in unserer Gesellschaft, bei dem auch der Entwicklungsstand unserer Sprache in Frage gestellt wird: Hauptsächlich geht es dabei um die Verbannung des Rassismus aus unserer Gesellschaft, aber vorher noch: um die Verbannung von Rassismus aus unserem täglichen Sprachgebrauch. Es geht um die Frage, ob man Zigeuner-Soße und Mohren überhaupt noch sagen darf. Und ob sich das neu umbenannte Maximilian’s in Augsburg zu Recht umbenannt oder weiter „Drei Mohren Hotel“ hätte heißen sollen. Hier gehen die Meinungen auseinander und deshalb haben wir uns das ganze Thema einmal näher angesehen und für euch die wichtigsten Fakten zusammengefasst, denn jede Geschichte hat viele unterschiedliche Blickwinkel, die es Wert sind betrachtet zu werden.

Die Sprache ist das A und O in einer Gesellschaft. Sie ist jedoch stetigen Veränderungen ausgesetzt, die wir nicht ignorieren sollten.
Die Sprache ist das A und O in einer Gesellschaft. Sie ist jedoch stetigen Veränderungen ausgesetzt, die wir nicht ignorieren sollten.

Die Entwicklung von Gesellschaft & Sprache 

Die Sprache ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Samuel Johnson, ein englischer Gelehrter hat einmal gesagt: „Die Sprache ist die Kleidung der Gedanken“. Sie offenbart nicht nur wie wir über Dinge denken, sondern auch ob und wie intensiv wir über manches nachdenken. Und mit der Gesellschaft entwickelt sich auch die Sprache mit. Aber keinesfalls automatisch, sondern durch einen aufwendigen Prozess bei dem diskutiert und selektiert werden muss, welche Wörter überhaupt noch zeitgemäß sind.

Es geht um Political Correctness. Aber vor allem geht es um die Frage, wo sich Rassismus tatsächlich versteckt und ob wir ihn erkennen können.

So viel Unsicherheit, wo wir doch alle eins sind: Mensch!
So viel Unsicherheit, wo wir doch alle eins sind: Mensch!

Political Correctness – Ein Stimmungsbild

Eine Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach hat 2019 gezeigt, dass fast 60 Prozent der Deutschen das Gefühl haben, dass sie sich nur noch unter Freunden frei äußern können. Was vielleicht damit zusammenhängt, dass 63 Prozent der Befragten finden, dass es zu viele ungeschriebene Gesetze gibt, welche Meinungen akzeptabel und welche tabu sind. Da merkt man eins: Eine große Unsicherheit.

Diese Meinungsverschiedenheit haben wir auch bei euren Kommentaren unter unserem Top-oder-Flop-Beitrag auf Facebook/Instagram wiederentdeckt: Dabei ging es um die Frage, wie ihr die Umbenennung des Drei-Mohren-Hotels in unserer Lieblingsstadt Augsburg findet. Einige von euch sehen es als tragischen Verlust von Augsburger Tradition und Historie an, andere fanden die Umbenennung längst überfällig.

Aber was ist nun richtig und was falsch? Und gibt es hier überhaupt ein richtig und ein falsch? Es lohnt sich bei solch einem komplexen Thema etwas weiter auszuholen und sich zu fragen, woher denn diese Diskussion überhaupt kommt und warum wir so unterschiedlicher Meinung sind. 

Die Hintergründe zur Umbenennung
des Drei-Mohren-Hotels:

Einerseits: Die Bedeutung des Wortes „Mohr“

Früher war einiges anders aber nicht alles war gut und wir sind im Nachhinein froh, dass es sich geändert hat.
Früher war einiges anders aber nicht alles war gut und wir sind im Nachhinein froh, dass es sich geändert hat.

Konzentriert man sich auf das Wort „Mohr“ so geht es sowohl auf das griechische „moros“ zurück, was so viel wie „töricht“, aber auch „dumm“ bedeutet. Aber auch auf das lateinische „maurus“, das für „schwarz“, „dunkel“ und „afrikanisch“ steht. Aus dem „Mor“ wurde dann im Althochdeutschen das Wort „Mohr“ abgeleitet. Auch afrikanische Sklaven wurden später oft als „Mohren“ bezeichnet. Betrachtet man all die Aspekte, ist die Bezeichnung eines Afrikaners als „Mohr“ also durchaus negativ behaftet. 

Andererseits: Die eigentlich gemeinte Bedeutung für das Hotel

Die eindrucksvolle Geschichte der abessinischen Mönche spielt für das 3 Mohren Hotel eine wichtige Rolle und zählt zur Tradition.
Die eindrucksvolle Geschichte der abessinischen Mönche spielt für das 3 Mohren Hotel eine wichtige Rolle und zählt zur Tradition.

Doch eine Münze hat immer zwei Seiten: In diesem Fall ist es die Bedeutung des Wortes „Mohr“ für die Gesellschaft, aber eben auch die Geschichte und damit die Bedeutung für das Hotel. Geht man nämlich dem Namen des Hotels auf den Grund, bekommt man einen ganz anderen Eindruck davon, als das hier eine kleine Minderheiten-Gruppe negativ abgegrenzt werden soll:

Im Winter des Jahres 1495 ist eine Gruppe abessinischer Mönche in der Stadt eingetroffen. Sie sind bei einer langen Pilgerreise durch Europa gelaufen und schließlich in Augsburg angekommen. Doch während alle anderen Wirte die Mönche abwiesen, bot ihnen der Wirt des Drei Mohren Hotels Schutz vor der eisigen Winterkälte. Als die Mönche im folgenden Frühjahr abreisten, hatten sie der Geschichte nach, ihre Porträts auf eine Tafel gemalt, die direkt vor dem Gasthaus hing. Vielleicht sogar als Mahnung für die anderen Wirte mit der Aussage, sich an diesem Hotel-Wirt ein Beispiel zu nehmen.

Eigentlich: Hotelname zu Ehren der drei Mönche

Der Name und die drei Skulpturen der drei Mohren an der Fassade des Hotels sind daraufhin zur Ehre dieser drei Mönche und zur Erinnerung an diese Geschichte gewählt worden. In den Augen des Hoteldirektors Theodor Gandenheimer steht sie schon seit 450 Jahren für Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Kulturen, weshalb er den Hotel-Namen nicht schon früher geändert hat. Außerdem hat, nach offiziellen Angaben, die Mehrheit der Mitarbeiter im Drei-Mohren-Hotel bzw. im Maximilian’s einen Migrationshintergrund – und diese sind nicht „nur“ als Spülkräfte, sondern auch in leitenden Positionen tätig. 

Doch nachdem die Forderungen für die Umbenennung des Hotels immer lauter wurden entschied sich der Hoteldirektor für die diplomatische Lösung der Umbenennung des Namens in „Maximilian’s“, aber unter der Prämisse, dass die Skulpturen der drei Mönche in der Lobby weiterhin bestehen bleiben.

Drei Mohren 1890  – ©Privatsammlung: Gregor Nagler
Drei Mohren 1890
© Privatsammlung: Gregor Nagler

Think about it

Es ist schwierig zu beurteilen, was wirklich rassistisch ist und ob auch rassistisch ist, wenn es nicht so gemeint war. Allerdings sollte man sich auch die Frage stellen: Was macht einen Namen oder eine Bezeichnung eigentlich rassistisch? Ist es die Bedeutung des Wortes, die der Sagende damit meint oder ist es die Tatsache, dass sich die gemeinte Gruppe davon in irgendeiner Art und Weise angegriffen fühlt?

Der versteckte Rassismus, den wir nicht hören

Wir alle kennen die großen Debatten über Zigeunersoßen und Schaumküsse, die heute keine N****-Küsse mehr sind. Doch welche Konsequenzen hat es, wenn man Kinderbücher auf politische Korrektheit prüft und umschreibt oder Hotels und Gaststätten ihre jahrhundertalten Namen ändert?

Rassismus und Diskriminierung spüren wir manchmal nur deshalb nicht, weil wir nicht hören, was wir sagen.

Viele von uns drücken das unangenehme Thema "Rassismus" weg, weil wir selbst genug von unseren alltäglichen Sorgen eingenommen werden. Doch dadurch löst sich, der leider immer noch vorhanden Rassismus, nicht von selbst in Luft auf.
Viele von uns drücken das unangenehme Thema "Rassismus" weg, weil wir selbst genug von unseren alltäglichen Sorgen eingenommen werden. Doch dadurch löst sich, der leider immer noch vorhanden Rassismus, nicht von selbst in Luft auf.

So sind zum Beispiel die Redewendungen „etwas schwarzsehen“, „schwarzfahren“, „schwarz arbeiten“ negativ behaftet, sodass negative Eigenschaften in vielen Sprachen mit der schwarzen Farbe assoziiert werden. Weiß hingegen ist grundsätzlich positiv besetzt und steht für das Unschuldige und das Wahre, wie beispielsweise bei der „weißen Weste“. Das sollte man bedenken, wenn man Menschen als „Schwarze“ oder „Mohren“ bezeichnet. In der Regel meinen wir solche Redewendungen nicht böse.

Aber oft sind sie nicht mehr zeitgemäß und sollten überdacht und geändert werden. Schließlich ist nicht jedes in der Vergangenheit eingeführte Wort „gut“ oder „richtig“ gewesen. Und selbst, wenn sie es einmal waren, heißt das nicht automatisch, dass sie es heute noch sind.

Die Sprache entwickelt sich mit der Gesellschaft – aber langsamer und nicht automatisch

Unsere Sprache findet ihren Ursprung vor so vielen Jahrhunderten, dass wir es uns einfach machen, wenn wir bestehende Bezeichnungen weiterverwenden und einfach „Schwarze“ sagen. Dann weiß zwar jeder im Raum, welche Menschengruppe gemeint ist, aber damit beschränkt man diese Menschengruppe gleichzeitig mit nur einem Wort auf ihre Hautfarbe. Und so schnell wird die Hautfarbe zu dem Merkmal, mit der wir die gemeinte Menschen-Gruppe vom Rest abgrenzen – ein Punkt, für den bei vielen der Rassismus beginnt.

Aber vielleicht fehlen uns für eine Rassismus-freie Sprache auch noch die passenden Worte, denn tatsächlich gibt es im Deutschen kein Pendant für den Begriff PoC bzw. „Person of Color“. Bisher war es schlichtweg nicht Teil unserer Kultur über Alternativen für rassistische Bezeichnungen nachzudenken, weshalb viele das ganze Thema als Minenfeld empfinden, bei dem die oberste Priorität darin besteht, selbst kein Rassist zu sein.

geheimtipp augsburg
Unser schönes Augsburg geht mit der Zeit und bleibt sich selbst trotzdem treu. Das sollten wir auch in der Sprache umsetzen.

Über seine Wortwahl nachdenken

KEINE REVOLUTION, ABER EIN GRUNDSTEIN FÜR UMDENKEN

Fakt ist aber, dass der bloße Austausch von rassistischen Soßen-Bezeichnungen wie „Zigeuner-Soße“ zu „Paprikasauce Ungarische Art“ (siehe Knorr in den letzten Tagen) nicht ausreicht. Sonst verpacken wir lediglich das alte Denken in eine neue Hülle. Stattdessen sollten wir die gemeinte Menschen-Gruppe grundsätzlich besser und differenzierter wahrnehmen.

Und genau deshalb sind die Diskussionen und Debatten über den Rassismus in unserem alltäglichen Sprachgebrauch unglaublich wertvoll, weil die Auseinandersetzung damit auch ein Hinterfragen der eigenen inneren Einstellung anregen kann und sollte. Die Weiterentwicklung unserer Sprache macht unsere Gesellschaft sicherlich nicht vollkommen „un-rassistisch“, aber sie bringt Wort für Wort den Stein ins Rollen – bis dieser rollende Stein zum Grundstein für eine noch größere Veränderung ist: Eine innere Einstellung des Einzelnen ohne rassistische Gedanken.