Augsburger Stadtteile – Göggingen - Teil I Göggingen – im Herzen des alten Dorfes

geheimtipp Augsburg göggingen

Ein Sonntagnachmittag im Sommer. Zäh fließender Verkehr. Volle Cafés am Straßenrand. Die Architektur ringsum ist, nett gesagt, solala. Ein bisschen kommt man sich vor wie in Starnberg ohne See. Wir sind in Augsburg-Göggingen gelandet – und mal sehen was uns dieses Stadtteil so zu erzählen hat.

D`Hauptstroß, würde ein Gögginger Urgestein wohl die Bürgermeister-Aurnhammer-Straße im Herzen des alten Dorfes immer noch nennen, denn früher hieß sie so. Und früher standen behäbige Bauernhäuser an den Seiten – ein paar wenige sind noch da – und dazwischen kleine Gartenpalais wie das rosa Haus der Familie von Cobres.

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Das rosa Haus der Familie von Cobres.

Bis zur Eingemeindung nach Augsburg 1972, damals hingen schwarzen Trauerflaggen am Gögginger Rathaus, dem ehemaligen Gartenhaus der Familien Langenmantel und Fugger, war Göggingen ein selbständiger Ort. Im 6 Jahrhundert wurde er erstmals erwähnt, 1838 zum Markt und 1969 sogar zur Stadt erhoben.

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Das bekannte Gögginger Rathaus.

Die architektonischen Auswüchse des Wachstums nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Dorfstraße nicht gerade schöner gemacht. Was der Stadtplaner euphemistisch „Stadtteilzentrum“ nennt, ist ein Zubringer zur B 17 mit Leerständen und hier doch noch ganz hübschen Lädchen dazwischen. Schließlich sind wir ja in Göggingen, das Umfragen zufolge als Wohnort besonders beliebt ist.

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Die katholische Kirche von Göggingen.

Otto Aurnhammer (1875-1964), nach dem die Hauptstraße seit 1973 benannt ist , war Mitbegründer der Gögginger SPD und 1919-33 sowie 1945-46 Bürgermeister. Am der ihm gewidmeten Straße stehen die evangelische und dahinter die katholische Kirche ganz paritätisch nebeneinander. Während das katholische Gottesthaus noch Steine aus dem 13. Jahrhundert aufweist, wurde das evangelische erst 1911/12 errichtet. Göggingen gehörte nämlich bis 1803 zum so genannten „Hochstift“ Augsburg, das war das Land des Fürstbischofs von Augsburg.

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Die evangelische Kirche von Göggingen.

Protestanten lebten hier fast keine und auch im 19. Jahrhundert waren es nur wenige. Der Fürstbischof mochte Göggingen, das damals noch von einer lieblichen Auenlandschaft umgeben war, sehr gerne. Er ließ deshalb 1748 eine Fayencemanufaktur an der Hauptstraße bauen. Fayencen (Steingut) waren die „Sparvariante“ des Porzellans und die Gögginger brachten es bei der Steingutherstellung zu beträchtlicher Kunstfertigkeit.

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Göggingen und seine Straßenbahnen.

Göggingen liegt an der Stelle, wo das Wertachtal zur Augsburger Hochterrasse ansteigt. Das sieht man am Klausenberg. Tatsächlich wohnte hier wohl einmal ein Einsiedler in einer Klause. Die Szenerie wäre ihm heute wohl kaum genehm. Da rauschen Autos und rumpeln Straßenbahnen über die Kreuzung.

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Wohn- und Geschäftshaus am Klausenberg.

Schon seit 1881 war Göggingen mit der Tram, damals noch eine Pferdebahn, an Augsburg angebunden. Endpunkt war am Klausenberg, die Schleife Richtung Hessing-Kliniken wurde erst später gebaut.

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Das Palais der Familien Seysseld`Aix.

Am Klausenberg standen früher viele Wirtshäuser, weiter oben dann die Gartenschlösschen reicher Augsburger, die von hier aus ins Wertachtal und zu den Hügeln der Westlichen Wälder schauen konnten.

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Das ehemalige Bischoffsches Gartengut.

Die zierlichen Palais der Familien Seysseld`Aix und Bischoff  und die Turm-Villa des Architekten Karl Albert Gollwitzer nehmen sich immer recht hübsch aus in ihren Parkanlagen. Es bleibt zu hoffen, dass der Klausenberg von grausiger Bauträger Architektur, wie sie gegenüber dem Seyssel-Schlösschen schon entstanden ist, verschont bleibt.

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Die ehemalige Villa von Karl Albert Gollwitzer.

Natürlich muss man, wenn man durch Göggingen spaziert, durch den Kurhauspark flanieren. Seit 1880 ließ Friedrich Hessing hier ein Ökonomiegebäude – auf deutsch einen Bauernhof – errichten und die Anlage 1885-86 um ein Theater ergänzen. So konnten Hessings Patienten frische Kuhmilch trinken und abends ins Theater gehen um Körper und Geist zu erquicken.

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Das Ökonomiegebäude des Kurhauses.

Herr Hessing übrigens ließ sein Theater durch den Architekten Jean Keller schon großteils barrierefrei planen. Die Presse zeigte sich begeistert und sprach ob des Theaterbaus mit seinen Buntglasfenstern von einem „feenhaften Musentempel“.

Das Theater des Kurhauses.
Das Theater des Kurhauses.

In den 1970er hätte eine Augsburger Baufirma das reichlich herabgewirtschaftete Theater am Liebsten platt gemacht. Man muss den Kindern, die in das leerstehende Gebäude einstiegen und durch Zündeln ein Feuer entfachten also fast dankbar sein: Das Feuer legte die Eisenkonstruktion frei und die Abbruchpläne waren vom Tisch. Es dauerte dennoch eine halbe Ewigkeit, bis das Theater wieder eröffnet werden konnte. Heute wird es als Parktheater im Kurhaus Göggingen genutzt.

Das Parktheater im Kurhaus Göggingen.
Das Parktheater im Kurhaus Göggingen.

Von März bis Oktober kann man jeden letzten Freitag im Monat zwischen 14-18 Uhr den Hang hinter dem Kurhaus zu einem kleinen Turm emporsteigen. Es soll sich um jenen legendären Turm handeln, den 1462 acht Männer gegen die Truppen Herzog Ludwigs des Bayern verteidigten. Später gehörte der Turm dem Augsburger Patrizier Paul Hainzel, einem passionierten Hobby-Astronom und Bekannten von Tycho Brahe. In seinem Park ließ er 1570 einen von Tycho Brahe entworfenen Quadranten bauen um damit in die Sterne zu blicken.

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Das Theater des Kurhauses.

1572 bekam Hainzel Spektakuläres zu sehen, einen im Verglühen hell aufleuchtenden Stern. Tycho Brahe beschrieb dieses Phänomen als Nova Stella (oder Supernova). Im Turm wurde deshalb ein Tycho Brahe Museum eingerichtet. Man guckt halt in Göggingen immer noch gerne nach den Sternen hin.