Wenn man so durch Augsburg spaziert, dann kann es schon vorkommen, dass einem alle möglichen „Monster“ begegnen. Nein, dies ist nicht Auftakt zu einer Schelte des Augschburger Grobcharmes (ohne Charme). Es soll hier um Bilder von monströsen Wesen gehen, die in der Stadt immer wieder zu sehen sind. Sie beobachten uns tagein, tagaus – wenn wir in die Arbeit gehen, Feierabend machen oder durch die Stadt schlendern. Und wir? Wir bemerken sie noch nicht einmal. Aus diesem Grund machen wir heute eine Reise zu den Augsburger Monstern und Fratzen. Kommt mit und lernt die dämonischen Gestalten der Fuggerstadt kennen.
Schon am Südportal blicken mehrere Fratzen augenrollend auf den arglosen Passanten, meistens dienen sie als Konsolen für Heiligenfiguren. Solche „Zeitgenossen“ sind im Grunde ein ganz typischer „Schmuck“ für mittelalterliche Kirchenbauten. Neidköpfe werden sie genannt wobei sich der Begriff vom althochdeutschen Nid (=„Zorn“ oder tatsächlich „Neid“) ableitet.
Andere dämonische Gestalten am Dom dienen als Wasserspeier. Sie haben besonders berühmte „Artgenossen“ an der ehemaligen Kathedrale Notre Dame in Paris, die so genannten Gargylen (Gargouilles). Neidköpfe wie Gargylen können entweder Zeichen sein für das „Teuflische“, „Böse“ auf der Erde, sie können aber auch eine abwehrende Funktion haben: Die Starrköpfe am Dom würden dann gleichsam das Böse aus dem Inneren der Kirche fernhalten, was ihnen allerdings weder in Augsburg, noch in Paris immer gelungen ist, beziehungsweise gelingt.
Neben menschenartigen Fratzen sind am Augsburger Dom auch Drachen, Eulen, Katzen oder Insekten zu sehen. Man sollte nämlich zwischen Monstern (lat. monstra) und Ungeheuern unterscheiden, schließlich ist es immer gut, einen Schimmer zu haben, mit wem man es zu tun hat. Laut Augustinus sind Monster Teil des Menschengeschlechtes (monstra sunt in genere humano) während groteske Tiere als Ungeheuer (vom althochdeutschen unghiuri = unheimlich) bezeichnet wurden. Eulen etwa waren als Nachttiere mit ihren großen, starrenden Augen geradezu prädestiniert für „Unheimliches“. Die Eule symbolisierte Weisheit und Schutz, galt aber auch als Todesbotin und Begleiterin von Hexen und Zauberern.
So viel zum Dom, Weiter geht es zum Rathaus. Dort halten über dem Hauptportal zwei Greife das Augsburger Wappensymbol, die Zirbelnuss. Greife sind Mischwesen aus Raubvogel und Raubkatze, sie zeichnen sich durch Stärke und Wachsamkeit aus. Darum passen sie auch so gut an ein Rathaus. Wenn wir den Eisenberg hinabsteigen und die Rückfassade des Rathauses betrachten, sehen wir dort auf einem Relief die Zirbelnuss erneut, diesmal aber halten sie nicht Greife sondern nackte, behaarte Männer, die so genannten wilden Männer. Die beiden Kerle am Rathaus sehen schon ziemlich kräftig aus, wie alle „Wilden Menschen“ und sind deshalb in der Lage, das Augsburger Wappen zu hüten. Vielleicht leitet sich vom „Wilden Mann“ der ortstypische Begriff Wullimann oder Bullimann ab mit dem man unartigen Kindern droht(e).
Elias Holl hatte offenbar eine Schwäche für Monster und Ungeheuer, denn am Zeughaus ließ er eine bärtige Schildkröte über das Portal wachen. Zieht sie sich zum Schutz unter ihren Panzer zurück oder lauert sie? Wer weiß das schon so genau. In jedem Fall hat sie das Geschehen auf dem Zeugplatz im Blick, schließlich stürzt über ihr gerade Luzifer in die Hölle, die offenbar irgendwo unter dem Platz liegt.
…vielleicht tanzt auch im schwäbischen Städtle ein Glöckner zwischen Gargylen, Neidköpfen, Monstern und Ungeheuern umher. Besser nicht so genau hinschauen.