AUGSBURGER STADTTEILE – Beethovenviertel Großbürgerlicher Charme und Ruhe im Herzen Augsburgs

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Im Stadtplan betrachtet sieht die Fläche des Beethovenviertels aus wie ein Dreieck. Noch vor 200 Jahren stand hier nicht viel, es gab mehrere Patriziergärten in diesem Bereich. Letztes Relikt davon ist das Gebäude an der Schießgrabenstraße 20:  Schon 1544 hatte hier, wo direkt der Stadtwall lag, der Hauptmann Hans Wal ein Gartengut. Seit 1778 nutzte der Stadtpfleger und Chronist Paul von Stetten die Anlage und ließ das heute noch bestehende Gartenhaus‘ errichten. Drum herum lag ein englischer Garten mit einem kleinen Tempelchen – quasi eine Miniaturausgabe des Münchner Monopteros. Die Innenausstattung des Gebäudes blieb erhalten, darunter ein Festsaal mit Deckenfresko. Leider können wir es nicht besichtigen. Der Garten verschwand im 19. Jahrhundert: Als ab 1860 der heutige Königsplatz Gestalt annahm, rückte das Gelände ins Stadtzentrum. 

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Die Bebauung

Dennoch kam die Bebauung recht langsam voran, noch in den 1920ern war sie durchaus lückenhaft. Wenn ihr die Frohsinnstraße ins Viertel hineinlauft, seht ihr mehrere sehr prächtige Villen, Reihen- und Mietshäuser. Besonders auffällig ist die 1901 für den Chemiker Hermann Reisenegger errichtete Villa in der Frohsinnstraße 3. Wie sehr viele andere Bauten im Viertel wurde sie vom Baubüro Albert Jack und Maximilian Wanner gebaut. Die beiden Architekten mischten barocke Elemente mit solchen des aktuellen Münchner Sezessionsstils. Das Büro von Jack & Wanner lag gleich im Mietshaus an der Ecke Schießgrabenstraße (Nr. 24). 

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Villa Reisenegger

Nur ein paar Meter von der Villa Reisenegger und ihr steht an Augsburgs vielleicht schönster Straßenkreuzung. An allen Ecken ragen großbürgerliche Miethäuser der Zeit um 1900 empor, jedes mit einem anderen Dekor. Besonders raffiniert ist die Architektur der Mietshausgruppe an der Völkstraße (Nr. 28/30 mit Frohsinnstraße 11). Das Dekor jedes Hauses baut auf einer anderen Grundform auf, die sich im Giebel aber z.B. auch im Zaun wiederfindet. Wenn ihr euch nun umdreht, seht ihr St. Ulrich und Afra und im Grunde greifen die Giebel dieser Mietshäuser Formen der Kirche auf. Architekten der Baugruppe waren Walter Krauss und Hermann Dürr. 

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Völkstraße 28, Augsburg

Um 1900 gehörte das Beethovenviertel zu den begehrtesten Wohnlagen in Augsburg, die Wohnungen waren meist sehr groß und konnten über 200 Quadratmeter erreichen. Überall in Augsburg, so auch hier, galt trotz der hohen Bodenpreise ein ´offenes System,‘ das heißt, zwischen Einzel- und Reihenhäuser blieben immer Abstände, es entstanden keine durchgehenden Straßenzeilen. Dadurch konnte Licht und Luft in Höfe und Wohnungen dringen. 

Wenden wir uns nach Süden und biegen dann links in die Stettenstraße ein. Die Bebauung hier ist etwas älter, Ab 1878 plante Ludwig Leybold die herrschaftlichen Häuser. Leybold bewunderte die Architektur von Gottfried Semper was den erhaltenen Häusern an der Stettenstraße anzusehen ist. Wir biegen jetzt in die Schießgrabenstraße ein. Das gelbe Gebäude (Nr. 30)  ist eine bis heute bestehende Freimaurerloge, 1896/97 von Jack & Wanner erbaut. Um 1900 lebten im Umfeld zahlreiche Anghänger der Freimaurerei. 

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Gratzmüllerstraße 1, Augsburg

Kommt aber jetzt mit mir noch ein wenig die Schießgrabenstraße entlang. `Frohsinn‘ und Schießgraben‘ waren im 19. Jahrhundert die Namen zweier ‚Geselligkeitsvereine‘. Wer zur besseren‘ Gesellschaft gehören wollte, musste hier Mitglied sein. Das große Gesellschaftshaus am Schießgraben (Nr. 14), 1884 von Leybold erbaut, wurde seit den 1920ern leider bis zur Unkenntlichkeit umgebaut. Wir nehmen jetzt die Mozartstraße, wenden uns an deren Ende dann rechts in die Völkstraße, die in die Beethovenstraße übergeht. Den Namensgeber sieht man auch tatsächlich über dem Eingang des Hauses Beethovenstraße 16. Im hinteren Bereich der Beethovenstraße stehen noch einige weitere Miethäuser der Zeit um 1900, besonders schön sind die Fassaden von Nr. 6 und vom Eckhaus Schießgrabenstraße 4, beide von Krauss & Dürr entworfen.