Augsburg früher und heute VII Der Königsplatz

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Er ist heutzutage vielleicht der bekannteste Platz in Augsburg. Da sind das Haltestellendreieck, der zentrale Bus- und Tram-Knotenpunkt und der angrenzende Park durch den sich täglich tausende von Menschen bewegen, ihre Mittagspause genießen oder einfach nur in den Tag hinein schlendern. Der Königsplatz mag heute zwar das Zentrum unserer Stadt sein, er ist jedoch ein recht junger Platz. Wie es zum „Kö“ gekommen ist und was es mit dem Augsburger „Pilz“ auf sich hat, möchten wir euch heute erzählen.

geheimtipp Augsburg Königsplatz – ©Stadtarchiv Augsburg
Königsplatz um 1910
© Stadtarchiv Augsburg

Erzähl mir die Geschichte vom „Kö“

Die Entstehung des Augsburger Königsplatzes hängt mit dem Abbruch der Stadtmauer zusammen: 1860 erteilte König Maximilian II. Joseph von Bayern die Genehmigung, dass das Gögginger Tor mitsamt der dazu gehörenden Bastion, abgebrochen werden durfte. Man kann sich denken, dass im Bauamt der Stadt die Köpfe zu rauchen begannen: Der Grund und Boden, auf dem die Wälle, Bastionen und Mauern gestanden hatten, wurde nämlich vom bayerischen Militär für eine symbolische Summe an die Kommune veräußert, eine einmalige Chance für die Stadtentwicklung. Vor allem Ludwig Leybold plante nun hurtig eine Straße um die Augsburger Altstadt, quasi eine Mini-Ausgabe der Wiener Ringstraße. 

geheimtipp Augsburg Königsplatz – ©Privatsammlung: Gregor Nagler
Königsplatz um 1910
© Privatsammlung: Gregor Nagler

Im Zentrum der Konzeption stand der Platz, der an der Stelle des Gögginger Tores lag, denn in der Nähe befand sich der Bahnhof. Der von Leybold realisierte Platz erhielt seinen Namen zwar nach König Ludwig II, allerdings war seine Anlage nie „monumental“ wie die des Münchner Königsplatzes oder des Wiener „Heldenplatzes“. Ein „Square“ schwebte Leybold vor, ein grüner „Ruheplatz“ in der Vorstadt. Nachdem 1903-1906 die Bürgermeister-Fischer-Straße nach großflächigen Abbrüchen angelegt wurde, änderte der „Kö“ aber seinen Charakter grundlegend. Hier liefen nun alle Trambahnlinien zusammen. Da war’s nichts mehr, mit dem reinen Ruheplatz. 

geheimtipp Augsburg Königsplatz – ©Privatsammlung: Gregor Nagler
Königsplatz um 1920
© Privatsammlung: Gregor Nagler

Der Pilz – ein beliebter Treffpunkt

Natürlich wollten diejenigen, die auf ihre Tram warteten nicht im Regen stehen gelassen werden. 1914 wurde deshalb ein „Umsteigepavillon“ nach Plänen des Stadtbaurates Otto Holzer errichtet. Es war Liebe aufs erste Umsteigen für die Augsburgerinnen und Augsburger. Und was man liebt, das bekommt einen Spitznahmen: „Pilz“ wurde der runde Pavillon getauft. Hier gab es einen Kiosk und hier war die „Normaluhr“ angebracht, an der man die genaue Uhrzeit erfuhr. Gegenüber lag zudem eine „Wetterstation“. Um den Pilz herum, also im Mündungsbereich der Anna- und der Bürgermeister-Fischer-Straße, rumpelten die Straßenbahnen. Es lag nahe, dass „Am Pilz“ der beliebteste Treffpunkt in Augsburg war. 

geheimtipp Augsburg Königsplatz – ©Privatsammlung: Gregor Nagler
Königsplatz um 1920
© Privatsammlung: Gregor Nagler

Und dann hatte es sich ausgepilzt

Dummerweise wurde es auf dem Platz immer enger. Mehr Autos fuhren darüber, mehr Straßenbahnen, die immer länger wurden. Gegenüber dem Pilz wurde in den 1950er-Jahren ein weiteres Kioskgebäude mit einer „Milchbar“ hochgezogen. Die Stadtplaner schauten dem Chaos eine Weile zu. Aber 1977 war’s aus, mit der „Pilz-Idylle“: Das heißgeliebte Bauwerk wurde unter Protest abgebrochen, der Umsteigebereich an seine heutige Stelle, also in den Süd-Westen des Königsplatzes verlegt. 

geheimtipp Augsburg Königsplatz – ©Privatsammlung: Gregor Nagler
So sah der Königsplatz um 1960 aus.
© Privatsammlung: Gregor Nagler

Als Trostpflaster spendierten die Industrie- und Handelskammer und Augsburger Unternehmen zum 2000-jährigen Stadtjubiläum 1985 einen Brunnen ungefähr an der Stelle des „Pilzes“. Der römische Künstler Giacomo Manzù schuf ein 2,2m großes „Mädchen“ aus Bronze. Sie watet durch das Wasser, nur ein Tuch um den Körper geschlungen. „La dolce Vita“ in Augsburg ist also zumindest in Bronze möglich. 

2011 musste der Brunnen, wegen eines erneuten Kö-Umbaus, abgebaut werden. Die ziemlich massive Balustrade dahinter verschwand. Drei Jahre später kamen hier die alten Stadtmauer-Fundamente zum wieder Vorschein, verschwanden aber alsbald unter dem neu angelegten Platz. 2015 schließlich kehrte das Bronzemädchen zurück auf den Platz. Sie watet nun durch einen Wasserspiegel und bekommt im Sommer reichlich Gesellschaft aus Fleisch und Blut.