Ein Stück Augsburger Stadtgeschichtet geht in Rauch auf Karo 15 – wir werden dich vermissen!

Verbranntes Haus 01 – ©Gregor Nager

Habt ihr den schwarzen, dicken Rauch, am Abend des 10. September, über der Augsburger Innenstadt gesehen? Es erinnerte an den Brand des Weberhauses. Und leider genau das ist auch passiert: Das Feuer wütete wieder, diesmal aber in dem historischen Haus in der Karolinenstraße 15. Am Ende blieb, zu unserem Bedauern, nur eine Ruine übrig.

Verbranntes Haus 13
Geheimtipp Augsburg Verbranntes Haus 06

Über 5 Jahrhunderte… …ein bisschen Geschichte

Das Gebäude war vermutlich im 16. Jahrhundert erbaut worden. Die Karolinenstraße hieß damals Weißmalergasse. Ein Blick auf die Auszüge des historischen Grundbuches im Stadtarchiv Augsburg verrät viel über die Besitzergeschichte:

– Im 17. Jahrhundert gehörte das Bürgerhaus einige Zeit der Familie Buroner.

– Im 18. Jahrhundert sind mehrere Handelsmänner als Besitzer aufgeführt.

– Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam die Karolinenstraße 15 in den Besitz der Familie Stocker, die u.a. mit „Tressen“ (Borten: eine Art Verzierung) ihr Geld verdiente.

Der „Augsburger Geschmack“

Irgendwann in dieser Zeit, also um 1800, muss das schlanke Haus mit seinem flachen Erker eine Putzfassade mit reicher Ornamentik erhalten haben. Die Augsburger Bürger liebten reich verzierte Fassaden und wollten sich lange Zeit nicht vom Rokoko verabschieden. „Augsburger Geschmack“ nannten Spötter früher dieses Rokoko.

Der „Augsburger Zopfstil“

Ab etwa 1780 griffen Augsburger Maurermeister dann doch auf antike Ornamente zurück. Sie behängten die Fassaden aber förmlich damit.

Zahlreiche erhaltene Fassaden im Zopfstil sind in Augsburg sofort zu erkennen: z.B. an der Philippine-Welser-Straße (Nr. 13), der Annastraße (Nr. 12) oder der Karlstraße (Nr. 7).

Verbranntes Haus 03 – ©Gregor Nager
© Gregor Nager
Geheimtipp Augsburg Verbranntes Haus 02 – ©Gregor Nager
© Gregor Nager

Karo 15 blüht auf

Um 1900 entstanden im Erdgeschoss „unseres“ Hauses Schaufenster, die Maler- und Schreibwarenbedarf ausstellten. Fünf Jahre später wurde das Bürgerhaus umgebaut, die Schaufenster wurden vergrößert und eine Hausmadonna aus dem 18. Jahrhundert in den Giebel gestellt. Damals zählte die Karolinenstraße mit ihrem Blick zum Perlachturm sicher zu den eindrücklichsten Straßenzügen in Deutschland: Fast alle Gebäude waren ähnlich so prächtig wie das Haus Nr. 15.

Karo 15 überlebt den 2. Weltkrieg

1944 blieben von ihnen aber nur noch ausgebrannte Ruinen oder Trümmerberge übrig. Wie durch ein Wunder jedoch war das Haus Nr. 15 weitgehend unbeschädigt. Es war eines von zwei Großbürgerhäusern, die an Augsburgs Hauptstraße, zwischen dem Judenberg und Leonhardsberg, erhalten geblieben waren.

Nun aber hatte das Haus kein Glück mehr: Der Brand, der am 10. September 2021 ausbrach, beraubte circa 20 Personen ihren Wohn- oder Arbeitsortes. Er zerstörte das historische Gebäude fast vollständig. 

Ein Stückchen Nostalgie

Alte Häuser sind nicht nur Objekte. Sie bewahren große und auch kleine, schöne und auch furchtbare Geschichten der Leute, die einst in ihnen lebten. Sie sprechen von Träumen und Ängsten, von Glanz oder Armut und Zerstörung. Hierin liegt ihr Zauber. Mit einem alten Haus gehen all diese in die Bausubstanz eingeschriebenen Geschichten unter.

Links: So sah das Haus aus. Rechts: So würde das Haus aussehen, wenn man die Ruine schlicht ergänzt. Zeichnungen von Gregor Nagler.

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